Als Reaktion auf die Gesundheits- und Sicherheitsrisiken, die aus einem möglichen Ausbruch des Coronavirus am Arbeitsplatz resultieren, sind viele Arbeitgeber Anfang des Jahres auf Home-Office- oder mobile Arbeitskonzepte umgestiegen. Für viele Unternehmen hat sich dies inzwischen als erfolgreiche neue Arbeitsform erwiesen. Dennoch gibt es immer noch oft Unklarheiten über die Begriffe “Home-Office” und “Mobiles Arbeiten”. Im Folgenden werden wir einige Mythen aufdecken und dir erklären, was hinter den Begriffen steckt.
1. Wann ist ein Home-Office ein Home-Office?
Die Diskussion um mobiles Arbeiten zeigt einen grundsätzlichen Fehler in den verwendeten Begriffen. Eine Tätigkeit im “Home-Office” liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer einen festen Arbeitsplatz außerhalb des Unternehmens einrichtet und der Arbeitnehmer von dort aus arbeitet. “Mobile Arbeit” liegt dagegen vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gibt, außerhalb des Unternehmens zu arbeiten, ohne einen festen Arbeitsplatz einzurichten. Mobile Arbeit kommt also für Tätigkeiten in Betracht, bei denen der Mitarbeiter nicht mehr als einen Laptop oder andere “mobile” Arbeitsmittel benötigt. Diese mobile Arbeit ist nicht auf einen bestimmten Ort außerhalb des Arbeitsplatzes beschränkt, sondern kann überall ausgeführt werden (z. B. in einem Café oder auf Geschäftsreisen). In der Praxis kommt es häufiger vor, dass Mitarbeiter “mobil” arbeiten, als dass sie im “Home Office” arbeiten. In Deutschland ist es daher angemessener, von “mobiler Arbeit” zu sprechen.

2. Können Mitarbeiter selbst entscheiden, wann sie von zu Hause aus arbeiten oder mobil sein wollen?
Nein. In Europa gibt es (derzeit) außer in den Niederlanden keinen Rechtsanspruch auf “Homeoffice/Mobilarbeit”. Der Arbeitnehmer darf also nur dann von zu Hause oder aus der Ferne arbeiten, wenn dies entweder im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Einzelfall mit Genehmigung des Arbeitgebers erlaubt ist. Bleiben Arbeitnehmer zu Hause, ohne dass dies erlaubt ist, riskieren sie eine Abmahnung. Wenn der Arbeitgeber die Arbeit im Home-Office oder aus der Ferne ermöglicht, ist es in der Regel gute Praxis, von den Mitarbeitern zu verlangen, dass sie dennoch teilweise aus betrieblichen Gründen im Unternehmen anwesend sein müssen (z. B. um an Besprechungen teilzunehmen).
3. Kann der Mitarbeiter seine Arbeitszeiten im Home-Office selbst bestimmen?
Nein. Bei der mobilen Arbeit geht es nur um den Wechsel des Arbeitsortes und nicht um zusätzliche Freizeit. New Work bedeutet nicht No Work. “Mobiles Arbeiten” ist an sich kein Arbeitszeitmodell. Die Mitarbeiter müssen also ihre Arbeit im gleichen Umfang und in der gleichen Qualität leisten, als wenn sie am Standort des Unternehmens arbeiten würden. Eine Tätigkeit von zu Hause aus darf daher nicht mit einem halben Tag Urlaub oder Freizeitausgleich verwechselt werden. Wer mobil arbeiten will, sollte sich daher fragen, ob er die neu gewonnene (örtliche) Freiheit mit den Anforderungen des Berufs vereinbaren kann. Ist der Grund für die Telearbeit die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, besteht die Gefahr, dass man damit weder dem Kind noch dem Arbeitgeber gerecht wird. Was ist, wenn der Arbeitnehmer auf den Lieferdienst wartet? Auch dann muss der Arbeitnehmer seinen vertraglichen Pflichten nachkommen können, indem er z. B. für eine Telefonkonferenz zur Verfügung steht. In der Regel werden diese Dilemmata also nicht durch Regelungen zur mobilen Arbeit gelöst, sondern nur durch flexible Arbeitszeitmodelle, die – in Absprache mit dem Arbeitgeber – einen Freizeitausgleich vorsehen. In der Praxis haben sich zu diesem Zweck beispielsweise Arbeitszeitkonten etabliert. Nebenbei bemerkt: Wenn ein Kind erkrankt, hat der Arbeitnehmer ohnehin das Recht, zu Hause zu bleiben – ohne gleichzeitig arbeiten zu müssen – unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsrechts.


4. Wenn ich mobil arbeite, kann ich arbeiten, wie ich will?
Ein Vorteil des mobilen Arbeitens ist, dass Mitarbeiter oft ihre beruflichen und privaten Interessen besser miteinander verbinden können. Zum Beispiel könnte ein Mitarbeiter von 6:00 bis 16:00 Uhr im Büro arbeiten, die nächsten zwei Stunden im Fitnessstudio verbringen, nach Hause gehen und weitere zwei Stunden arbeiten, um E-Mails aufzuholen, bis 20:00 Uhr. Dabei gibt es einige Punkte zu beachten: Neben der Frage, ob der Arbeitnehmer überhaupt “flexibel” von zu Hause aus arbeiten darf, muss auch die zu Hause ausgeübte Arbeitstätigkeit mit den Arbeitszeitregelungen übereinstimmen. Im obigen Beispiel macht es keinen Unterschied, ob der Mitarbeiter nach dem Fitnessstudio zurück ins Büro oder nach Hause zur Arbeit fährt. Nach dem Arbeitszeitgesetz gilt nach deutschem Recht Folgendes:
Die Gesamtarbeitszeit am Werktag darf höchstens 8 Stunden betragen. Sie kann auf bis zu 10 Stunden ausgedehnt werden, wenn diese Differenz innerhalb von 6 Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen wird. Diese Höchstgrenze von 10 Stunden täglicher Arbeitszeit darf auch bei mobiler Arbeit nicht überschritten werden.
Nach dem Ende der täglichen Höchstarbeitszeit muss der Arbeitnehmer eine Ruhezeit von 11 Stunden einhalten. Durch Tarifverträge kann diese Ruhezeit auf neun Stunden verkürzt werden, was in Tarifverträgen für die Metallindustrie bereits üblich ist.
Pausenzeiten müssen auch bei mobiler Arbeit eingehalten werden. Sie dürfen weder vom Arbeitgeber einfach abgezogen werden, noch dürfen sie zu Beginn oder am Ende der Arbeitszeit genommen werden. Pausen dienen als Ruhezeiten des Arbeitnehmers zwischen den Arbeitszeiten.
5. Nur kurz eine E-Mail checken
Doch wie funktioniert das in der Praxis? In unserem Beispiel endet die Arbeitszeit des Mitarbeiters um 20:00 Uhr, so dass er morgens um 7:00 Uhr wieder zur Arbeit kommen könnte. So weit, so gut. Doch was passiert, wenn der Mitarbeiter um 1:00 Uhr nachts eine E-Mail erhält und diese liest und bearbeitet? Wenn das Lesen der E-Mail “Arbeitszeit” ist, bedeutet dies, dass sich die 11-stündige Ruhezeit entsprechend verschieben würde. Doch wann ist “Arbeit” im Sinne des Arbeitszeitgesetzes? Die Rechtsprechung geht davon aus, dass Arbeit dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit für den Arbeitgeber (also zum Nutzen anderer) ausführt und dabei in einer bestimmten Weise belastet wird. Eine zeitliche oder inhaltliche Geringfügigkeitsgrenze sieht das Arbeitszeitgesetz jedoch nicht vor. Und seien wir mal ehrlich: Jeder weiß, dass eine 2-zeilige E-Mail über einen längeren Zeitraum eine Arbeitsbelastung auslösen kann. Die eigentliche Frage, die sich stellt, ist also, ob der Arbeitnehmer diese E-Mail überhaupt lesen (und beantworten) muss. Dies ist zum einen eine rechtliche Frage, nämlich Gegenstand der vertraglichen und betrieblichen Regelungen. Wird vom Arbeitnehmer erwartet, dass er zu bestimmten Zeiten E-Mails des Arbeitgebers liest, so dass es sich um eine (vergütungspflichtige) Rufbereitschaft handelt? Zum anderen ist es eine Frage der Geschäftsführung. Erwartet der Vorgesetzte, dass der Arbeitnehmer auch abends für den Arbeitgeber erreichbar ist? Hier liegt der eigentliche Regelungsbedarf.


6. Aus den Augen aus dem Sinn
Ein weiterer weit verbreiteter Irrglaube ist, dass sich der Arbeitgeber seiner Pflichten, insbesondere nach dem Arbeitszeitgesetz und dem Arbeitsschutzgesetz, “entledigen” kann, wenn er seinen Mitarbeitern erlaubt, mobil zu arbeiten. Dies ist ebenso falsch wie gefährlich:
Die Arbeitszeit
Der Arbeitgeber ist für die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes verantwortlich, auch wenn der Arbeitnehmer nicht ortsgebunden ist. Der Arbeitgeber muss die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden, z. B. Pausen und Ruhezeiten. Der Arbeitgeber muss auch die über acht Stunden hinausgehende Arbeitszeit bei einer ortsungebundenen Tätigkeit erfassen und kontrollieren. Der Arbeitgeber kann jedoch die Zeiterfassung an den Arbeitnehmer delegieren. Handelt es sich bei dem Arbeitsverhältnis um eine geringfügige Beschäftigung (d.h. der Arbeitnehmer verdient nicht mehr als 450 EUR im Monat), muss der Arbeitgeber sogar Beginn und Ende der Arbeitszeit aufzeichnen. Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können erhebliche Bußgelder nach sich ziehen und berechtigen auch die Arbeitsschutzbehörden, Anordnungen zur Arbeitszeiterfassung zu erlassen.
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Besonders relevant für den Arbeitsschutz ist die Unterscheidung zwischen Home-Office und mobiler Arbeit. Richtet der Arbeitgeber ein Home-Office ein, sorgt er dafür, dass dieser Arbeitsplatz den Anforderungen des Arbeitsschutzes entspricht. Dazu muss der Arbeitgeber bei der erstmaligen Einrichtung dieses Arbeitsplatzes eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung durchführen, d.h. Gefährdungen im Home-Office ermitteln und beseitigen. Im Übrigen darf der Arbeitgeber die Wohnung des Arbeitnehmers nicht ohne dessen Zustimmung betreten.
7. Beim Kaffeekochen im Home-Office verunglückt
Und wie sieht es mit der Unfallversicherung aus, wenn der Arbeitnehmer im Home-Office oder bei der mobilen Arbeit einen Unfall erleidet? Nach der Rechtsprechung ist ein Unfall im Home-Office nur dann versichert, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen dem zum Unfall führenden Ereignis und der betrieblichen Tätigkeit besteht. Wesentlich für die Beurteilung dieser Frage ist nach der Rechtsprechung die beabsichtigte Handlung des Versicherten, d.h. ob der Versicherte im konkreten Fall eine dem Arbeitgeber dienende Tätigkeit ausüben wollte und ob diese beabsichtigte Handlung durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Das Hinaufgehen der Treppe zum häuslichen Arbeitszimmer ist eine regelmäßige, mit der Arbeit verbundene Tätigkeit, so dass ein Sturz wahrscheinlich versichert wäre. Das Kaffeekochen hingegen nicht. Im Zweifelsfall muss der Arbeitnehmer beweisen, dass eine versicherte Tätigkeit vorlag. Aus diesem Grund ist es ratsam, die Mitarbeiter entweder in eine Gruppenunfallversicherung des Arbeitgebers einzubeziehen oder ihnen den Abschluss einer privaten Unfallversicherung zu empfehlen, die auch Unfälle im Home-Office oder bei der mobilen Arbeit abdeckt, die nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt sind.


8. Der Papierkorb als Datenleck
Last but not least: Datenschutz macht nicht an der Firmentür halt. Gerade bei der Einrichtung von Home-Office muss der Arbeitgeber die Datensicherheit durch ein Datenschutz- / IT-Sicherheitskonzept gewährleisten, das auch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen (TOM) vorsieht. Dazu gehört z. B. die Verpflichtung des Mitarbeiters, abschließbare Schränke bereitzuhalten, sich nur über VPN- oder Tunnellösungen ins Internet einzuloggen und Passwörter nicht frei zugänglich zu speichern. So banal es klingt, bedeutet dies auch, dafür zu sorgen, dass Ausdrucke mit sensiblen Firmeninformationen nicht im Papierkorb des Home-Office oder Cafés landen. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Schreddern von sensiblen Dokumenten anzuordnen. Wie notwendig es ist, gerade bei mobilen Mitarbeitern ein größeres Bewusstsein für die Problematik der Vertraulichkeit von Firmeninformationen zu schaffen, zeigt sich regelmäßig auf Zugfahrten, wenn Mitarbeiter ohne Privatsphäre an Laptops arbeiten oder unzensierte und laute Geschäftstelefonate oder Gespräche mit mitreisenden Kollegen führen.
Fazit
Wie bereits erwähnt, haben Arbeitnehmer in Deutschland keinen Rechtsanspruch darauf, überall zu arbeiten. Und es mag überraschen, aber Mitarbeiter sprechen in Deutschland kaum noch über mobiles Arbeiten, sondern eher über flexible Arbeitszeitsysteme und die Führungskultur im Unternehmen. In diesem Umfeld können und sollten Unternehmen Lösungen schaffen, die sowohl ihren betrieblichen Anforderungen als auch, soweit sinnvoll und machbar, den Wünschen der Mitarbeiter entsprechen.
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